Gold und Silber feiern überraschendes Comeback

Die Edelmetalle erleben ein starkes Comeback: Silber hat sich seit Juni um ein Viertel verteuert, Gold hinkt noch etwas hinterher. Diese Woche steht für beide Rohstoffe ein entscheidendes Ereignis an.

Gold und Silber sind immer für eine Überraschung gut. So auch im Moment. In einem Nachrichten-Umfeld, das negativer kaum sein könnte, erleben die Edelmetalle ein mächtiges Comeback. Zwar ballen sich die Meldungen, dass Hedgefonds-Könige wie Paulson oder Soros sich aus Edelmetallen zurückziehen.

Zwar enttäuscht die Konjunktur in Rohstoff-intensiven Schwellenländern. Zwar klettern die Zinsen am Kapitalmarkt, was Sachwerte unattraktiver macht. Und doch ziehen die Preise für Gold und Silber rasant an.

Diesmal ist es das weiße Metall, das das Tempo vorgibt. Seit Anfang August hat der Rohstoff mehr als 20 Prozent an Wert gewonnen. Es war der stärkste Preisanstieg seit Herbst 2012. Vom Jahrestief bei 18,49 Dollar an gerechnet beträgt das Plus sogar 26 Prozent. „Silber sieht jetzt die seit Wochen erhoffte Erholung“, sagt Thorsten Schulte alias Silberjunge.

Der Rohstoff-Stratege spricht von einer Normalisierung. Der Absturz der Notierungen im Frühjahr war aus seiner Sicht fundamental nicht zu erklären. Der Edelmetall-Fan deutet sogar an, dass beim Silber-Crash Markt-Manipulation im Spiel gewesen sein könnte. Nicht nur Schulte setzt auf Silber, Anleger auf der ganzen Welt steigen wieder ein.

„Der jüngste Preisanstieg ist auf eine sehr starke globale Investmentnachfrage zurückzuführen“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoff-Stratege bei der Commerzbank. Die von der Finanzagentur Bloomberg erfassten Silber-Fonds (ETF) haben in der letzten Woche Zuflüsse von 750 Tonnen verzeichnet.

Hohe Nachfrage nach Münzen

Auch die Nachfrage nach Münzen zeigt sich relativ robust. Die amerikanische Münzanstalt U.S. Mint hat im August bereits 1,6 Millionen Unzen Silbermünzen abgesetzt – eine stattliche Zahlen, die den Monat zu einen der besten der Geschichte machen könnte. Auch das gelbe Metall ist in physischer Form gefragt.

„Gold für sofortige Lieferung ist derzeit teurer als bei einer Lieferungsfrist von mehreren Monaten. So etwas ist ungewöhnlich und zeigt eine Knappheit der physischen Ware bei den Barren“, sagt Robert Hartmann, Geschäftsführer des Edelmetall-Handelshauses ProAurum. So etwas kennt Hartmann nur aus den Jahren 1999 und 2008. „In beiden Fällen waren das Preistiefpunkte“, erinnert er sich. Neben Barren würden Kunden derzeit verstärkt Anlagemünzen wie Krügerrand, Maple Leaf und Philharmoniker nachfragen.

Spekulanten setzen auf Silber

An den Börsen spielt die Musik aber bei Silber gehen die Finanzinvestoren wieder voll ins Risiko. Sie haben ihre spekulativen Netto-Long-Positionen, mit denen sie auf steigende Notierungen setzen, zuletzt auf 11.500 Kontrakte nahezu verdreifacht. Das Niveau der Kontrakte ist damit auf dem höchsten Stand seit Ende Februar. Silber ist immer auch eine Wette auf die Weltwirtschaft.

Nur rund 42 Prozent des Bedarfs entfallen auf Schmuck und Investment, der Rest des weißen Metall wird von der Industrie verbraucht. Anders als bei Gold gibt es daher keine großen Reserven, die eventuell auf den Markt geworfen werden könnten. Beim gelben Metall gebieten allein die Notenbanken über mehr als 31.000 Tonnen. Die Angst, dass sich die Staaten vom Gold abwenden könnten, lastete zuletzt auf dem Preis.

Aderlass bei Fonds gestoppt

Daher ist die Erholung bei Gold auch weniger dynamisch als bei Silber. Das gelbe Metall hat sich vom Jahrestief am 27. Juni um 15 Prozent nach oben gearbeitet. Seit Anfang August ist der Preis um rund 100 Dollar oder acht Prozent gestiegen. Der Schwenk der Finanzinvestoren vollzieht sich langsamer als beim „kleinen Bruder“ Silber.

„Bei Gold sind die Spekulanten bisher noch zurückhaltend“, erklärt Weinberg. Die Netto-Long-Positionen seien nur um 9,3 Prozent auf 38.000 Kontrakte ausgeweitet worden – ein relativ moderater Wert. Immerhin scheinen aber die Abflüsse aus den Gold-Fonds (ETFs) gestoppt.

Die massive Auflösung von Positionen durch spekulative Investoren hatte den Goldpreis im Frühjahr und Sommer einbrechen lassen. Durch Verkäufe wurden insgesamt mehr als 620 Tonnen Gold auf den Markt geworfen. Das entspricht mehr als einem Fünftel der Welt-Jahresproduktion. Der Aderlass kam erst Mitte August zum Halten. In der letzten Woche gab es bei den Gold-Fonds bescheidene Zuflüsse von 2,5 Tonnen.

Neuer Aufwärtstrend beim Gold?

Gerade bei dem gelben Metall sind die Strategen noch vorsichtig. Von einem neuen Aufwärtstrend will kaum jemand reden. Viele Akteure wollen erst das diese Woche zur Veröffentlichung anstehende Protokolls der letzten Fed-Sitzung abwarten. Dieses Protokoll könnte Aufschluss geben, wann die US-Notenbank ihr Anleihekaufprogramm zurückführt und wie sehr das Edelmetall Konkurrenz durch höhere Zinsen bekommt.

Optimist Schulte glaubt nicht an eine Verknappung der Liquidität und sieht für Silber daher Luft nach oben. Er selbst hat nach eigenen Angaben größere Positionen aufgebaut. Doch die Reise dürfte nicht einfach werden. Die starken Schwankungen des Jahres 2013 haben Gold und Silber Ansehen gekostet.

Quelle: welt.de